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Martin Sonneborn: Pfizer Gate - vonderLeyens Pony ist tot (immer noch)

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Wir entschuldigen uns für die etwas reißerische Überschrift, aber im Gegensatz zu Korruption, Amtsanmaßung und 35 Milliarden öffentlicher Gelder schafft ein totgerittenes Pony es einfach eher in die Schlagzeilen... Smiley In den letzten Wochen vor der EU-Wahl gab es in den europäischen Medien, die die SMS-Affäre um vonderLeyen und Pfizer-CEO Bourla stets heruntergespielt oder vollends ignoriert hatten, eine auffällige Häufung von kritischen Berichten über vonderLeyen, in denen der Vertrauensschaden durch die Pfizer-Affäre nicht nur ausdrücklich erwähnt, sondern als entscheidendes Hindernis für ihre zweite Amtszeit dargestellt wurde. Nach der Wahl scheint all dies plötzlich wieder vergessen, denn dieselben Medien diskutieren ihre Nominierung als Kommissionspräsidentin nun mit einer Selbstverständlichkeit, als handele es sich dabei um nicht weniger als ein Naturgesetz. Wählbar war Frau vonderLeyen dabei bekanntlich nie, denn ihr undemokratischer Name stand noch nie auf einem EU-Wahlzettel - auch diesmal nicht. Dass sie für das öffentliche Amt, auf das sie nun erneut reflektiert, überhaupt im Gespräch ist, geht wesentlich nicht auf irgendeine Wahl, sondern auf reine Nominierungen zurück - durch die EVP (bereits erfolgt) und den Rat (bevorstehend). Die Pläne der EVP, des Rates und vonderLeyens könnten jedoch von unerwarteter Seite durchkreuzt werden. Der Belgier Frédéric Baldan, der im Zuge von „Pfizergate“ bereits im April 2023 in Lüttich Strafanzeige gegen vonderLeyen gestellt hatte - wegen „Korruption“, „unrechtmäßiger Bereicherung“, „Vernichtung öffentlicher Dokumente“ und “Anmaßung von Titeln und Ämtern” -, hat nun in Brüssel Klage gegen ihre Nominierung für eine zweite Amtszeit eingereicht. Im „Pfizer Gate“-Verfahren geht es um den letzten von drei zwischen der EU-Kommission und dem Potenzmittelfabrikanten Pfizer verhandelten Impfstoffverträgen über 1,8 Mrd. Dosen & 35 Mrd. Euro - der größte von der EU je abgeschlossene Vertrag. Die Europäische Staatsanwaltschaft EPPO hatte im Oktober 2022 die Einleitung von Ermittlungen bestätigt, seither allerdings weder die Kommission kontaktiert, noch - soweit bekannt - die in Frage stehenden SMS beschlagnahmt. Höflicher Hinweis: Die EPPO ist Justizkommissar Reynders unterstellt, der Kommissionspräsidentin vonderLeyen unterstellt ist. ZwinkerSmiley Stattdessen konzentriert sie sich darauf, den Fall der belgischen Justiz zu entziehen, um ihn in seiner Gänze an sich zu reißen. Im Mai 2024 hat das Lütticher Gericht diesem Ansinnen der EPPO nicht stattgegeben, sondern ausdrücklich angeordnet, dass der für die Aufdeckung von Korruptionsfällen bekannte belgische Untersuchungsrichter Frédéric Frenay seine Untersuchung weiterführen solle. „Die Nominierung von Frau vonderLeyen durch die EVP für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission ist ein Machtmissbrauch“, heisst es nun in der Brüsseler Klageschrift. „Sie erfüllt nicht die Bedingungen, die in den Europäischen Verträgen, dem Verhaltenskodex für die Mitglieder der Europäischen Kommission und sogar im Verhaltenskodex ihrer eigenen Partei für dieses Amt festgelegt sind.“ Am heutigen Freitag muss die EVP nun zu einer im Eilverfahren anberaumten öffentlichen Anhörung vor Gericht erscheinen, um dem Antrag Baldans entgegenzutreten, der verlangt, „die EVP anzuweisen, die Kandidatur von Frau Ursula von der Leyen zurückzuziehen, unter Androhung einer Geldstrafe von Euro für jeden Tag der Verspätung ab dem Datum der Bekanntgabe des Beschlusses.“ Baldan argumentiert, dass von der Leyen während ihrer Präsidentschaft gegen die Charta der Grundrechte, mehrere EU-Verträge und den Verhaltenskodex für Kommissare verstoßen habe, was ihre neuerliche Nominierung unmöglich mache. (Gekürzter Text, mehr dazu auf meiner Facebook-Seite und auf X) Weder der Rat noch die EVP können eine Person, die im Zuge ihrer ersten Amtszeit gegen diese verbindlichen Regelwerke verstoßen hat, für das Amt der Kommissionspräsidentin vorschlagen, ohne damit ihrerseits gegen ihre eigenen Regelwerke zu verstoßen. Wären die Mechanismen der institutionellen und interinstitutionellen Selbstkontrolle in der EU auch nur halbwegs intakt, wäre es zu keiner der von Frédéric Baldan geführten Klagen je gekommen. Denn sowohl die Kommission (genauer: das Kolleg der übrigen 26 Kommissare) als auch Rat und Parlament hätten die Absetzung vonderLeyens - jedenfalls bei ernsthafter Befolgung des geltenden Code of Conduct - längst selbst betreiben müssen. Mit juristischen Mitteln versucht Baldan, die Fehlfunktion der EU-Institutionen nun notdürftig zu reparieren. Sein Vorgehen ist als Notwehr eines EU-Bürgers gegen das Versagen dieser Institutionen zu verstehen.

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