Viele, die das Kesseltreiben gegen eine Person kritisieren, vergessen leider, dass sie das Kesseltreiben gegen eine andere Person vor einigen Monaten noch verniedlichten, ja leider sogar begrüßten. Das ist Heuchelei! Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Es gibt kein gutes oder schlechtes Opfer einer moralisierenden Kampagne, es gibt immer nur ein Opfer. Und die Ehrenrechte eines Menschen sind unabhängig ihres Standpunktes, ihrer Arbeit, ihrer Talente und Fehler unteilbar. Das hat für Alexandra Föderl-Schmid zu gelten, ebenso wie es für Christian Pilnacek gelten hätte müssen. Traurig ist, dass das Ergebnis in beiden Fällen, unabhängig vom unterschiedlichen Ausgang, dramatisch für die Betroffenen und ihr Umfeld endete. Diese unerbittliche und unversöhnliche Prangermentalität, abseits jeglicher objektiven Feststellung von Schuld oder Unschuld, führt dazu, dass Menschen in ihrer Existenz aufgrund medialer Vorverurteilung vernichtet werden. Es ist und bleibt Rufmord! Und jene die den Rufmord nun beklagen, sind Jene, die ihn seit Jahren etablierten, ein Geschäftsmodell daraus machen. Medien, die großen Brüder in den etablierten Redaktionsstuben und die kleinen Geschwister in den Social Media Accounts. Sie eint mehr, als ihnen lieb ist. Ja, auch Journalisten sind fehlbar, stehen nicht über Gesetz und Moral. Alexandra Föderl-Schmid ist vielleicht an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert, ebenso vielleicht Christian Pilnacek. Oder auch nicht. Sie ausschließlich wegen dieser Frage bloßzustellen, sie ins Eck zu drängen, ihnen keinen Ausweg zu lassen, ist Ausdruck einer Gesellschaft, die nur mehr den Kopf rollen sehen will, aber an der Wahrheit nicht interessiert ist. Da kann sich beispielsweise auch die Süddeutsche Zeitung bei der Nase nehmen. Es erinnert an die gute alte französische Revolution. Egal welcher Kopf, er muss rollen. Man will Blut sehen, man tritt auf Liegende. Was die wenigsten beherzigen: Die Revolution fraß ihre eigenen Kinder. Alle, die glauben etwas zu sagen zu haben, alle die etwas zu sagen haben, alle die, die Standpunkte laut und deutlich artikulieren, alle die, die polarisieren, dürfen und sollen kritisiert werden. Sie haben den Weg in die Öffentlichkeit selbst gewählt und unterwerfen sich daher in ihrem Wirken der nüchternen Beurteilung der Bevölkerung, der Wähler, der Leser. Das gilt für Politiker genauso wie für Journalisten und alle die das Licht der Öffentlichkeit suchten und noch suchen werden. Und Politiker werden wie Beamte oder Journalisten an ihrem Anspruch und der Realität gemessen. Wir dürfen uns kritisieren, wir dürfen unterschiedliche Standpunkte haben, wir dürfen uns auch verspotten, wir dürfen streiten, wir dürfen um die beste Lösung ringen – wir dürfen uns aber nicht hassen. Dieser Grundsatz hätte für Pilnacek genauso gelten müssen, wie sie für Föderl-Schmid, Alice Weidel oder Herbert Kickl zu gelten haben. Diese zum regelrechten Vernichtungskrieg hochstilisierten Konflikte, diese geifernden Kampagnen unterschiedlicher Personen unterschiedlicher Standpunkte muss ein Ende haben. Man gewinnt den Eindruck, dass sich manche Menschen in unseren Breiten im blutigen Krieg befinden, unabhängig wo sie politisch stehen. Wir werben um unsere Standpunkte, dürfen aber niemals Feinde sein. Wir sind keine Freunde, wir sind aber Menschen. Vielleicht ist diese Erkenntnis in Tagen wie diesen notwendiger denn je!
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